OFFEN GESAGT...
Januar 2008 |
Die Meinung des anderen |
„Die Meinung des anderen – interessiert mich nicht.“ Das ist eine sehr verbreitete Devise in unserem Land. Und weil wir am Sonntag wählen dürfen, verfolgen uns gerade zu die Meinungen – oder auch nicht, es sind vielleicht gar keine Meinungen, keine wirklichen Aussagen, die aus einer Einsicht gekommen sind, Um uns herum türmen sich Themen auf, die dringend bedacht werden sollten, die einen persönlichen Standort von Dir und mir dringend benötigen, wir werden uns nicht gleich gut verstehen, wir werden auch nicht ab sofort einer Meinung sein. Aber wir müssen einem Ziel näher kommen, um die Probleme anpacken zu können. Wir müssen uns auf einen gemeinsamen Standpunkt verständigen. Wir wählen, geben unsere Stimme für eine Meinung! - Das liest sich bestimmt sehr einfach, und wer möchte dieser Vorgehensweise nicht zustimmen, Du auch, ich weiß! - Die nächste Hürde heißt dann, in die Tat umsetzen, diesen gemeinsamen Standpunkt. - „Nein, so habe ich das aber nicht gemeint!“ - Genau so oder so ähnlich geht das schon seit langer Zeit in unserem Land, ob vor Ort, im Verein, in der Stadt, in der Kirchengemeinde, bis in den Bundestag hinein. Gestern wurde noch der Einsatz der freiwillig Mitarbeitenden gelobt und schon heute, wird ihnen der Rahmen entzogen, der ihre lobenswerte Arbeit erst möglich macht und übermorgen wird vielleicht von der selben Person beklagt, dass ihrer Meinung nach zu wenig seitens der Freiwillig-Arbeitenden getan wird. Wir sind dabei, uns im Kreise zu drehen und haben uns dabei schon mindestens einmal selbst überholt – und das nennen wir dann Tempo. Und genau genommen sitzen wir tief in der Sackgasse. Meinungen haben wir viele – viel zu viele, aber es fehlen die Brücken zwischen diesen vielen Meinungen. Und was entwickelt sich daraus, brutale Wortspielereien, gewollte Missverständnisse,... „Den Schwachen mit seinem
Vertrauen nehmt an und verwirrt sein Gewissen nicht. Der eine glaubt,
er dürfe alles essen; wer aber schwach ist, der isst kein
Fleisch. Wer isst, der verachte den nicht, der nicht isst; und wer
nicht isst, der richte den nicht, der isst; denn auch er wurde in
seinem Vertrauen angenommen. Wer bist du, dass du einen anderen
verurteilst? Ist er Dir gegenüber Rechenschaft pflichtig? Der
eine hält einen Tag für wichtiger als den andern; der
andere aber hält alle Tage für gleich wichtig. Ein jeder
sei sich in seiner Meinung sicher. Wer auf den Tag achtet, der tut
es im Blick auf den, dem er vertraut; wer isst, der möge essen
und er tue es mit dem Vertrauen darauf, dass es gut ist, und er wird
dem dankt, der ihm das tägliche Brot ermöglicht; und wer
nicht isst, der verzichtet, weil sein Vertrauen ihm diesen Verzicht
gestattet und auch er dankt dem, der das tägliche Brot gibt.
Denn keiner lebt für sich selber, und keiner stirbt für
sich selber.“ Am Sonntag dürfen wir zwei Kreuze machen, kennen Sie die Meinung des anderen, der um Ihre Stimme bittet, können Sie sich vorstellen, dass sie beide das gleiche Ziel verfolgen? Ehe ich es vergesse, das Zitat aus der alten Zeit, stammt von einem gewissen Paulus, und er schrieb diese Gedanken an seine Freunde in Rom, die wegen ihrer christlichen Glaubenüberzeugung um ihr Leben bangen mussten – und der Text ist in unseren Bibeln nachzulesen, im Neuen Testament (Römer 14, 1ff) und es lohnt, die Fortsetzung zu lesen, die Meinung eines Menschen, der zu seiner Meinung auch stehen mochte, ohne Menschen zu verletzen oder auszugrenzen. |
Christel Prüßner, Religionspädagoge und Diakon |